Tag: Licht

In einer stillen Straße, in der die Häuser im Winter eng nebeneinander standen, lebte ein Mädchen namens Agneta. Es war die Zeit, in der die Tage früh dunkel wurden - und manchmal fühlte sich Agneta so, als würde die Dunkelheit auch leise in die Herzen kriechen.
Eines Abends fiel der Strom aus. Kein Summen, kein Fernseher, kein warmes Lampenlicht. Nur Dunkelheit - dicht wie ein Mantel.
Agneta holte eine kleine Kerze aus der Schublade, stellte sie in ein Glas und zündete sie an. Ein winziger Flammenpunkt - aber plötzlich sah der Raum nicht mehr fremd aus. Die Schatten tanzten, als wollten sie sagen: "Wir sind nicht gefährlich. Wir gehören dazu."
Agneta stellte die Kerze ans Fenster.
Von draußen sah der Nachbarjunge Tim das Licht. Er fühlte sich allein und ein bisschen ängstlich, doch der warme Schein zog ihn an. Er klopfte. Leni öffnete, und gemeinsam setzten sie sich an den Tisch. Sie erzählten Geschichten. Sie lachten. Die Zeit verging.
Kurz darauf kam die ältere Frau aus dem Nachbarhaus vorbei, mit einem Teller Kekse. Sie hatte die Kinder gesehen—und plötzlich fühlte sie sich nicht mehr so einsam. Dann kam noch jemand. Und noch jemand.
Bald saßen sie zu fünft im Wohnzimmer, nur erleuchtet von einer einzigen Kerze. Keine Musik. Keine Lichterketten. Nur Stimmen. Wärme. Nähe.
Als der Strom später zurückkam, flackerte das Deckenlicht auf - grell und plötzlich. Agneta drehte es wieder aus.
"Das hier reicht" sagte sie und schaute auf ihre kleine Flamme.
Am nächsten Abend stellte sie wieder eine Kerze ins Fenster. Und am übernächsten. Irgendwann brannten an vielen Fenstern in der Straße kleine Lichter - nicht, weil der Strom fehlte, sondern weil jemand angefangen hatte.
Und manchmal, wenn jemand einen schweren Tag hatte, blieb er kurz stehen, atmete ruhig - und ging ein kleines bisschen leichter weiter.
Agneta begriff etwas Wichtiges:
Licht sein bedeutet nicht, heller zu sein als andere.
Es bedeutet, da zu sein - still, freundlich, zuverlässig.
Manchmal reicht eine winzige Flamme, damit jemand den Weg findet.
Und so brannte ihr kleines Licht weiter—nicht, um die
Dunkelheit zu vertreiben,
sondern um zu zeigen, dass niemand allein durch sie gehen muss.
Anne Seltmann 26.12.2025, 10.05 | (0/0) Kommentare | TB | PL

Es gibt eine wahre Weihnachtsgeschichte von Lilija Tenhagen, die in den Anfängen der 70er Jahre spielt, als die damalige Sowjetunion versucht hat, Weihnachten abzuschaffen!
Ich habe dazu eine eigene Geschichte geschrieben:
Das Licht, das keiner verbieten konnte
Es war ein kalter Dezemberabend Ende der sechziger Jahre, und in einem kleinen lettischen Dorf zitterten die Fensterrahmen im Wind. Die Straßenlaternen flackerten, und das Dorf wirkte stiller als sonst. Weihnachten war offiziell verboten – die Kirchen hatten ihre Glocken verstummen lassen, und viele Familien wagten es kaum, Kerzen anzuzünden.
Doch im Haus der Familie Kalnins brannte heimlich ein kleines Licht. Die Großmutter hatte einen winzigen Tannenbaum aus dem Wald geholt, seine Zweige mit Beeren und selbstgebastelten Figuren geschmückt und auf den Tisch gestellt. Niemand sprach laut darüber, aber jedes Mal, wenn die Kinder den Raum betraten, leuchteten ihre Augen.
"Weißt du, warum wir das tun?" fragte die kleine Elīna und schaute ihre Großmutter an.
"Weil Weihnachten in unseren Herzen nicht verboten werden kann," antwortete die Großmutter sanft. "Solange wir glauben, solange wir lieben, kann uns niemand das Licht nehmen."
Am Abend klopfte es leise an der Tür. Zögernd öffneten sie – es war der alte Herr Berzins aus dem Nachbarhaus, der sonst kaum sprach. Er hatte ein kleines Geschenk in der Hand, eingewickelt in Papier von vergangenen Jahren. "Ich dachte, es wäre Zeit, dass wir zusammen Weihnachten feiern, wie wir es immer getan haben," murmelte er.
So saßen sie zusammen, leise singend, Geschichten erzählend, Kerzenflammen tanzten in ihren Augen. Draußen fegte der Wind, aber drinnen herrschte Wärme. Niemand hätte geglaubt, dass ein so kleines Licht eine solche Macht haben konnte – die Macht, Hoffnung zu schenken, Mut zu wecken und die Gemeinschaft zu spüren.
Und obwohl offiziell verboten, verbreitete sich die Freude leise von Haus zu Haus. Am Ende verstanden die Kinder: Weihnachten war nicht in den Gesetzen oder Dekreten eingeschlossen. Weihnachten lebte in jedem Lächeln, jeder Geste der Liebe und in jedem Licht, das man nicht auslöschen konnte.
In dieser Nacht, so erzählt man es noch heute, leuchteten nicht nur die Kerzen, sondern auch die Herzen eines ganzen Dorfes – und kein Verbot konnte sie stoppen.
© Anne Seltmann
Anne Seltmann 22.12.2025, 08.40 | (4/0) Kommentare (RSS) | TB | PL


Ungefähr gleich
herzen auf rechts
scheine auf links
es wankt nicht
nicht einmal
ein hauch
vielleicht
weil sich wert
weigert
messbar zu sein
~*~
© Anne Seltmann


Anne Seltmann 09.06.2025, 01.00 | (9/0) Kommentare (RSS) | TB | PL


Tausende Tropfen aus Licht
verhaken sich im Grau,
ziehen Spuren
über mein wachendes Herz.
Die Minuten fallen
ineinander,
ohne Laut,
ohne Richtung.
Ich atme sie ein,
ich lasse sie gehen,
und bleibe
ein Augenblick lang.
~*~
© Anne Seltmann

Anne Seltmann 21.04.2025, 08.11 | (1/1) Kommentare (RSS) | TB | PL


Wenn ich dir heute wieder sage,
dass ich dich liebe –
dann ist es nicht mehr als ein Moment,
ein flackernder Gedanke,
verloren im Rausch der Nacht.
Ich fliege ziellos,
treibe durch Schatten und Licht,
doch mein Herz –
es gehört dir,
in all seiner Wirrnis,
in all seiner Zerbrechlichkeit.
~*~
© Anne Seltmann
1997

Anne Seltmann 20.03.2025, 10.53 | (1/1) Kommentare (RSS) | TB | PL


Licht
in stiller Nacht,
behütet bis zum Morgen,
trägt den Traum bei dir.
Träne
zögert kurz,
küsst sanft deine Lippen,
vergeht im Lächeln.
Sanfte
Ruhe naht,
nimmt das Beben in die Hand,
Stille wächst in dir.
~*~
© Anne Seltmann

Anne Seltmann 14.01.2025, 06.58 | (3/3) Kommentare (RSS) | TB | PL

An alle, die sich mit ihren kreativen und liebevollen Beiträgen am Projekt "Montagsherz" beteiligt haben: Ein großes Dankeschön!
Eure Ideen, Bilder und Worte haben mich Woche für Woche inspiriert und bereichert.
Es ist unglaublich schön zu sehen, wie ein einfaches Herz so viele Verbindungen und Freude schaffen kann.
Ich freue mich, dass das Projekt im nächsten Jahr weitergeht und bin gespannt auf all die wunderbaren Herzensmomente, die noch folgen werden.
Gemeinsam machen wir die Welt ein Stück herzerwärmender – jeden 2. Montag aufs Neue.
Danke, dass ihr dabei seid!

Das nächste Montagsherz startet am 06.01.2025
Anne Seltmann 23.12.2024, 09.25 | (6/3) Kommentare (RSS) | TB | PL

Im tief verschneiten Wald lebte ein kleiner Fuchs mit seinem roten, flauschigen Fell. Es war Heiligabend, und der Mond warf sein silbernes Licht auf die glitzernden Schneeflocken. Doch der kleine Fuchs fühlte sich einsam. Während die Tiere des Waldes sich in ihren Höhlen und Nestern aufwärmten, tappte er allein durch die weiße Stille.
Plötzlich entdeckte er etwas Seltsames. Ein warmes, goldenes Licht schimmerte durch die Bäume. Neugierig folgte er den Lichtstrahlen und fand eine kleine Lichtung, wo ein prächtiger Tannenbaum stand. Er war geschmückt mit Zapfen, Beeren und glitzernden Eiskristallen, die das Licht einer Laterne reflektierten.
Daneben saßen die Waldbewohner: eine Eule, ein Reh und ein paar Mäuse. "Komm näher, kleiner Fuchs," sagte die Eule mit einem sanften Lächeln. "Wir feiern Weihnachten und haben auf dich gewartet."
Der kleine Fuchs spürte, wie sein Herz vor Freude hüpfte. Gemeinsam erzählten sie Geschichten, teilten Beeren und wärmten sich an der Laterne.
In dieser Nacht lernte der kleine Fuchs, dass Weihnachten nicht von Geschenken lebt, sondern von der Wärme, die wir miteinander teilen. Er hatte nicht nur ein Fest, sondern auch Freunde gefunden, die ihn nie wieder allein ließen.
Und so wurde die Weihnachtslichtung jedes Jahr zum Treffpunkt aller Tiere, ein Ort voller Freude und Gemeinschaft.
Anne Seltmann 19.12.2024, 16.28 | (1/1) Kommentare (RSS) | TB | PL